Markus Schlenz und Chiara Marandellas (www.culturewithcoco.com) gehören zu den ersten Bewohnern des denkmalgeschützten Gewerbehauses.
Neben dem Schreibtisch steht ein Laufband – das hat etwas zu bedeuten. Auf dem Laufband stehen zwei Paar Schuhe, ein Signal an ein Paar. Beide Partner wollen sich fit halten, und daran erinnern sie sich immer wieder. Rutscht der Blick vom Computerbildschirm auf das Sportgerät, schlägt sofort das Gewissen. Vermutlich ist das die beste Art, um den inneren Schweinehund zu überwinden. Dabei ist Markus Schlenz völlig auf Technik fokussiert. Mit seiner up2media AG am Standort Neustadt an der Weinstraße hat er das Magazin „CAD News“ am Markt etabliert.
Markus Schlenz stammt aus Rheinland-Pfalz, aus einer idyllischen Weingegend. Aber immer schon hatte er ein Faible für die Hauptstadt. Er bezog schon vor zehn Jahren eine Mietwohnung in Prenzlauer Berg, pendelte zwischen seiner Heimat und Berlin. Als er vor drei Jahren die Mode-Bloggerin Chiara Marandellas kennenlernte, deren Vater aus Simbabwe stammt, die Mutter ist Deutsche, reifte bald die Idee, gemeinsam eine Wohnung zu haben. Der bodenständige Technikexperte von der pfälzischen Erde und die modeorientierte Bloggerin, die vor fünf Jahren
von Hamburg nach Berlin wechselte und auf den Modeschauen von Mailand über Paris bis New York zu Hause ist, sprachen viel darüber. Klar war nur, dass es eine ganz moderne und geräumige Wohnung sein sollte und beide nicht ihre Möbel zusammenrücken wollten.
„Wir haben uns geeinigt, keine Hinterlassenschaften aus früheren Zeiten in die Beziehung einzu-bringen, auch keine wertvollen Erbmöbel und schon gar nicht störende Bestandsmöbel“, erklärt Markus Schlenz. „Wir nahmen uns vor, bei null anzufangen und die Chance zu nutzen, alles neu zu machen.“
Die GBI Wohnungsbau hatte ein Objekt zu bieten, das gerade erst fertig wurde. Marandellas und Schlenz gehörten zu den ersten Bewohnern eines top sanierten Gründerzeithauses an der Prenzlauer Allee. Die viel befahrene Ausfallstraße verschreckte sie anfangs, aber als sie im vierten Hinterhof der Frankonia-Höfe, einem ehemaligen Gewerbekomplex, ankamen, war das Rauschen des Verkehrs nicht mehr zu vernehmen.
„Der Hinterhof ist eben der Berlin-Faktor“, so Schlenz. „Es ist erstaunlich, was in vielen Hinterhöfen in den letzten Jahren entstanden ist. Ein echter Gewinn.“
Chiara Marandellas hatte nach dem Umzug zunächst bei ihrer Schwester in Tempelhof gewohnt. „Sie hat eine große Wohnung, ich war nahe zum KaDeWe und den Geschäften in Charlottenburg“, erinnert sie sich. „Dort wollte ich eigentlich bleiben, aber als Markus und ich uns den Kollwitz-Kiez vor unserer Haustür angeschaut hatten, war ich bereit, hierher zu ziehen.“ Schlenz hatte nur etwa 200 Meter von seiner heutigen Adresse gewohnt, von dort aus erschloss er seiner Freundin den Kiez. Ihr Freund ließ sich etwas Originelles einfallen: Vom Eingangsbereich schaut man in eine Blickachse, an deren Ende Nofretete ihr edles Haupt erhebt.
„Die habe ich mir mal aus dem Neuen Museum ausgeliehen“, witzelt er. Die maßstabsgetreue Kopie steht nun im Schlafzimmer, beleuchtet von einem Lampenwerk des altehrwürdigen italienischen Herstellers Catalani & Smith. Auch der große Raum wird damit erhellt. „Sieht ein bisschen aus wie eine Satellitenschüssel mit Silberpapier“, sagt er grinsend. „Es ist aber reines Blattsilber.“ Auch das geölte Eichenparkett in den Räumen trägt zur Gemütlichkeit bei.
Drei Meter hohe Decke, Fenster bis zum Boden
Zudem ist bei der Einrichtung viel mit Glaselementen gearbeitet worden, um dem loftartigen Charakter des denkmalgeschützten Gewerbegebäudes gerecht zu werden. „Das ist ganz nach unserem Geschmack“, sagen beide. „Es gehörte zu unserem Traum, eine Wohnung so gestalten zu können.“
Wohn- und Arbeitszimmer sowie der Küchenbereich sind wandfrei gehalten. Das Paar wollte so viel Freifläche als möglich. „Hier arbeiten nun zwei Unternehmen“, sagt Markus Schlenz. „Ich bin etwa die Hälfte des Monats da, sonst in meinem Unternehmen in der Pfalz, zu Messen und anderen Terminen. Chiara hält die Stellung, wenn nicht einer ihrer Termine ansteht.“
Im Januar dieses Jahres ist das Paar eingezogen, sie wohnen auf 125 Quadratmetern, von denen jeder 3500 Euro gekostet hat. Die Decke ist drei Meter hoch, es gibt Unterdecken, in die Elektrik
und andere Installationen versteckt sind. Das Gebäude, in dem die beiden ihre Dachwohnung haben, ist sechs Meter höher als die anderen Gebäude ringsumher.
Die Substanz des heutigen Wohnquartiers, über viele Jahrzehnte hinweg als Hülle für Büros und Werkstätten genutzt, ist erstklassig. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde gebaut, als sei es für die Ewigkeit. „Alle tragenden Wände sind in Ordnung“, freut sich Schlenz. „Das gesamte Skelett hat die Zeiten überstanden.“
Ihm gefällt auch, dass der Industriecharakter erhalten wurde. „Wir mögen besonders die hohen Kappendecken, die großen Fenster von der Decke bis zum Boden“, so Schlenz. „Die enorme Breite
der Fensterfronten war natürlich nur möglich durch die 18 Zentimeter breite Wärmedämmung, die am Gebäude angebracht worden ist.“
Mit Genugtuung erfüllt die zwei Bewohner auch der vorgeständerte Balkon, eckig, kantig, rustikal, 3,30 mal 1,50 Quadratmeter tief. Den gab es am ursprünglichen Bau natürlich nicht. Jetzt haben alle 69 Wohnparteien – von Single- Wohnungen bis zu über 160 Quadratmeter großen Wohnungen – Balkone im französischen Stil auf der Sonnenseite mit dem begrünten Innenhof und einem Kinderspielplatz.
Industrieoptik: ein Tisch und Hocker aus Beton
„Wenn man am Morgen beim ersten Sonnenlicht auf den Balkon tritt, fängt einen die Ruhe auf. Mein erstes Geräusch, das ich nach dem Einzug hörte, war der Flügelschlag einer Taube“, erzählt Schlenz. Es ist faszinierend, dass geschätzte 150 Meter entfernt von der Prenzlauer Allee, die zur Rushhour auch Staus hat, dieser Ort wie ein geschützter Raum erscheint, wie ein Dorf in der Großstadt. Das Paar hat die industrielle Anmutung innen fortgesetzt. Der viereckige Tisch in der Küche besteht aus Beton, ebenso die Hocker und sogar die Halterung der Tischlampe. Den Küchenboden ziert Feinsteinzeug in Schieferoptik, getrennt mit Edelstahlbändern. Solche Fliesen gibt es im Masterbad und im zweiten Bad, dort sandfarben mit gebürsteter Titandekorleiste. Auf derselben Etage wurde eine Gemeinschaftsterrasse eingerichtet. Von dort kann man kilometerweit über die Dächer Berlins schauen. „Hier haben wir schon einige Nachbarn kennengelernt“, sagt Chiara Marandellas.
Artikel von Roland Mischke, Berliner Morgenpost, Beilage vom 12.12.2015, alle Bilder von Sven Lambert